Ausstellung

Die Künstler:innen und ihre Werke

Die Herausforderung war, ein scheinbar simples Thema, das bereits vielfach künstlerisch bearbeitet wurde, zu etwas Besonderem zu machen – eine Ausstellung mit WOW-Effekt.
Deswegen haben sich die Künstler*innen, auch in vielen gemeinsamen Treffen, seit Juli 2021 intensiv mit den Sinnen und der Sinneswahrnehmung beschäftigt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Sinnespotential und die Fokussierung jedes einzelnen Künstlers auf einen Sinn sollte nicht nur die eigene physische Teilhabe, sondern auch die Wahrnehmung beim Betrachter bestimmen.

So entstand auch die Idee zum Titel „SINNErgie“, der die Kraft und Energie der einzelnen Sinne als auch der Kunstwerke symbolisieren soll.

Ziel war es, für die Besucher der Ausstellung einen Assoziationsraum zu schaffen, in dem alle Sinne intensiv erlebt und erfahren werden können.

Wir wünschen Ihnen eine sinnliche und intellektuelle Teilhabe an der Kunst!

Oliver Beran

Kunst-Handwerk

Oliver Beran SINNErgie

Das Fühlen wird schon immer symbolisiert durch das Bewegen der Finger. In der Gebärdensprache reibt man auch die Finger aneinander, um das Wort Fühlen zu gebrauchen.
Da der Künstler „Upcycling Iron Fire Art“ praktiziert, entschied er sich, eine überdeminsionale Hand zu bauen, die bewegliche Finger hat.

Die Mechanik besteht überwiegend aus Schrottfahrrädern und anderem Alteisen, sog. „Upcycle“. Über Zahnräder, Ketten, Kurbeln, weiteren Rädern und Schubstangen wird die Bewegung der Finger in Gang gesetzt. Ein alter Wagenheber soll den Besucher einladen, aktiv das Kunstwerk in Bewegung zu setzen.
Die Haut der Hand ist absichtlich transparent gehalten, um die Mechanik in der Bewegung beobachten zu können. Der Korpus besteht aus Profil- und Bandeisen, die Haut aus Streckblech.
„Das Fühlen ist bei meiner Arbeit der wichtigste Aspekt, denn durch meine Hände habe ich mit dem Material immer Kontakt und kann fühlen, wie sich das Material bei den verschiedenen Arbeitsgängen verhält.“

Die Hand ist trotz des widerstandsfähigen Materials so naturalistisch wie möglich gestaltet, denn für den Künstler ist die Natur Vorbild für seine Arbeiten.
Bei der Herstellung der beweglichen Hand haben Schüler*innen aus verschiedenen Förderzentren geholfen. So konnten diese hautnah Handwerkerarbeiten im realen Umfeld erleben.

Oliver Beran ist gemeinsam mit dem Förderzentrum Eugen-Papst-Schule Kulturförderpreisträger der Stadt Germering.

Vera Greif

8 Künstler

Vera Greif SINNErgie

In dem Video sind die bewegten Augen, Münder und Nasen der acht teilnehmenden Künstler*innen der Ausstellung SINNErgie zu sehen, die während eines Gesprächs mit einer Kamera aufgenommen wurden.

In einem Splitscreen wechseln sich die einzelnen Bilder immer wieder ab, so dass eine längere Konzentration auf eine einzelne Person nicht möglich ist. So werden die acht Künstler immer als Kollektiv vom Betrachter erfasst.

Durch die Darstellung der Videoaufnahmen in Graustufen tritt die Bedeutung von gezeigten Emotionen und Sinnen mehr in den Vordergrund. Die Persönlichkeit und das Charisma der gezeigten Sinnesorgane werden auf das Wesentliche reduziert. Farben würden den Betrachter zu sehr davon ablenken.

Die Sinneswahrnehmung als auch der Ausdruck einzelner Sinne der Künstler*innen in aktiver Bewegung soll eine Kommunikation mit dem Betrachter herstellen, der wiederum mit seinen eigenen Sinnen darauf reagiert.
Teil dieser Installation ist auch der virtuelle Audio-Rundgang von Daniel Mihaila. In Verbindung mit den Geräuschen erhält das Video noch einmal eine weitere Bedeutung.

Eva Maria Kränzlein

Ich sehe dich

Eva Maria Kränzlein SINNErgie

„Das Gesicht“ ist ein Wort, in dem das Sehen, die Ansicht, das Anblicken, das Ansehen, das Aussehen, das Durchschauen und das Gesehenwerden enthalten sind. Im Gesicht sind es speziell die Augen, die dafür ausschlaggebend sind, und es ist der wichtigste Teil des menschlichen Körpers für die nonverbale und verbale Kommunikation. Zum Gesicht als Ganzem gehören neben den Augen auch die Nase, die Ohren und der Mund. Es ist unverzichtbar für den Ausdruck der Gemütsverfassung jeglicher Art. Wo immer ein Mensch im Bild erscheint, steht meist das Gesicht im Mittelpunkt.

In Eva Kränzleins Portraits erscheint das Bild in der Frontalansicht, symmetrisch im Achsenkreuz starrt es dem Betrachter entgegen. Es gibt keine Inszenierung durch Bewegung. Die Portraits sind im Prozess des Angeschautwerdens, und zwar in der Wechselwirkung des Sehens und Gesehenwerdens. Denn das Gesicht wird erst zum Gesicht, wenn es mit anderen Gesichtern in Kontakt tritt, sie anschaut oder von ihnen angeschaut wird. Kleinkinder besitzen die Angewohnheit, das Gegenüber direkt anzuschauen. Es kommt das Gefühl auf, dass sie einen durchschauen.

„Das Portrait kann im Hinblick auf das lebende Gesicht nur eine Maske sein“, meint der Kunsthistoriker Hans Belting. Deshalb ist in Kränzleins Portraits nicht das Natürliche im Sinne des Naturalistischen zu sehen, sondern vielmehr das menschliche Antlitz in Form einer überdeutlichen, manchmal grellen Maske. Sie stellt einen „Schauplatz“ der Mehrdeutigkeit des Gesichtes dar, sie eröffnet viele Interpretationen, die nichts festlegen wollen.
Das wird durch Übermalung und Überarbeitung mit verschiedenen Materialien erreicht, wodurch die Gesichter derart verfremdet sind, dass sie Fragen aufwerfen.

Daniel Mihaila

Klangdimension

Die Installation erweitert die Exponate der Ausstellung SINNErgie um eine virtuelle Soundkulisse. Der Künstler interpretiert die Arbeit seiner Kolleg*innen durch Geräusche und Melodien und fügt damit den Werken eine neue Ebene hinzu.

Die Besucher*innen werden eingeladen die Ausstellung durch die Ohren des Künstlers zu erleben und neue Facetten der Exponate zu entdecken.

Der Einsatz von Virtual Reality Technologie ermöglicht das Simulieren von virtuellem Raumklang sowie das Experimentieren mit interaktiven Geräuschen. Je nachdem wo sich die Besucher*in im Raum befindet bzw wohin sie ihren Kopf bewegt, passen sich die Geräusche dynamisch an.

Ein Headset kann gegen Abgabe des Personalausweises rechts neben dem Eingang ausgeliehen werden.

Margherita Moroder

Die Eroberung der Praline

Margherita Moroder SINNErgie

Der Geschmacksinn wird oft durch den Sehsinn ergänzt. Wie man so schön im Volksmund sagt „Das Auge isst mit“. Schon beim Mustern der Speisen läuft uns buchstäblich das Wasser im Mund zusammen oder wir empfinden Abneigung und Ekel.

Schokolade macht bekanntlich glücklich und so hat Margherita Moroder eine ganz besondere Pralinenschachtel entworfen, die Lust auf Schokolade wecken soll. Aber ist das so? Oder versteckt sich hinter den sinnlichen Pralinen noch etwas anderes?

Die Schachtel ist aus einer alten Deckenleuchte entstanden und die Pralinen aus Ton geformt und bemalt sowie mit unterschiedlichen Materialien beklebt.

Nerventasten

Margherita Moroder SINNErgie

In diesem Werk hat sich die Künstlerin mit dem Tastsinn auseinandergesetzt. In der Kunst ist das Berühren von Werken in der Regel nicht erlaubt. Das Bedürfnis, ein Bild zu erfühlen, ist hier ausdrücklich erwünscht. Mit der Berührung kann man nicht nur das glatte Papier spüren, sondern auch die Muster von Nervenzellen, die mit der Prickeltechnik eingearbeitet wurden. Die dadurch entstehenden Sinnesreize sollen beim Betrachter ähnliche Reaktionen wie das Nervensystem hervorrufen.

Brigitte Storch

Durfttürme

Brigitte Storch SINNErgie

Der Geruchssinn, die olfaktorische Wahrnehmung, ist der unmittelbarste der menschlichen Sinne. Er spielt eine große Rolle in unserem Leben, 75 % unserer Gefühle sind davon beeinflusst, was wir riechen.

Geruch und Geschmack sind eng miteinander verbunden, wobei die Zunge nur über fünf Geschmacksrichtungen verfügt; die Sinneszellen des Geruchs dagegen können über die Geruchsrezeptoren tausende Geruchsrichtungen unterscheiden.

Gerüche können starke Emotionen wie Freude, Angst, Ekel sowie Wohlbefinden und Erinnerungen auslösen, die meist auf persönlicher Erfahrung beruhen.

Erinnerungen beeinflussten  auch die Auswahl des verwendeten Materials der Künstlerin.

„Bei Lorbeer denke ich an die Lorbeerwäldchen in Südfrankreich und an Speisen die mit Lorbeer gewürzt sind, Lavendel verbinde ich mit dem Duft des Wäscheschrankes meiner Oma und natürlich auch mit den Urlauben in der Provence. Den Pfingstrosenduft bekam ich in einem Fläschchen geschenkt, ich liebe seine Zartheit und Unaufdringlichkeit“

Die Arbeiten bestehen aus gemalten Bildern, Papierschalen und Naturmaterial.

Giuseppe Tore

No Comment

Giuseppe Tore SINNErgie

Giuseppe Tores Arbeiten sind oft sehr politisch und es ist ihm ein Anliegen, seine persönliche Sichtweise auf die Welt künstlerisch zu verarbeiten.

Eine weltweit automatisierte Massenüberwachung ist längst nicht mehr Science Fiction und moderne Technik wie KI macht eine Überwachung als auch den Missbrauch immer leichter.
Laut einer Studie der Carnegie Stiftung für internationalen Frieden verwenden mindestens 75 der 176 untersuchten Staaten KI-Überwachung, 64 davon für die Videoüberwachung mit Gesichtserkennung. Eingesetzt wird Überwachung sowohl in reifen Demokratien als auch in autoritären oder halb-autoritären Regimes. Tendenziell autoritäre Regimes sollen eher zum Missbrauch der Technologie neigen. Die Zahlen sind erschreckend, denn viele Formen der Überwachung dienen der Bewertung und Manipulation von Menschen.

Um den Ausstellungsbesuchern die Problematik deutlich zu machen, hat der Künstler mehrere Monitore und alte Überwachungskameras im Raum installiert. Die Kameras zeigen in Echtzeit die Besucher (diese werden nicht aufgezeichnet!) und werden immer wieder kurz von aufgezeichneten Überwachungsaufnahmen aus dem Internet unterbrochen.

Beobachtet zu werden ruft ein beklemmendes Gefühl hervor. Die direkte Konfrontation soll bei den Ausstellungsbesuchern eine kritische Betrachtungsweise hervorrufen.

Vera Greif und Giuseppe Tore

Ohne Titel

Dieses großformatige Bild ist im wahrsten Sinne des Wortes mit allen Sinnen entstanden. Spontan haben sich die beiden Künstler zusammengetan in dem Wunsch, ihre Emotionen auf abstrakte Weise auf Leinwand zu bringen.

Die sinnlichen Eindrücke durch Augen, Nase (Farben, Umgebung) und auch Ohren (Musik) beeinflusste die sehr (körper-)intensive Arbeit an dem Bild. Es war pure Sinnergie.

Während zu Beginn die Arbeit noch zögerlich voran ging, kam es im Laufe der folgenden Stunden zu einer immer größer werdenden Annäherung, die schließlich zu einer Symbiose der Sinne und Emotionen führte. Danach entstand das Bild wie von selbst.

Vera Greif und Giuseppe Tore überlegten lange, ob sie dem Bild einen Titel geben sollten, entschieden sich aber schließlich dagegen. Der Wunsch der Künstler*in ist, dass die Betrachter mit allen Sinnen das Bild auf sich wirken lassen und Freiraum für ihre eigenen Emotionen haben.

Lutz Walczok

Blaues Brot 3D

Lutz Walczok SINNErgie

Brot aus 3D Druckern, wie bereits real hergestellte Lebensmittel, kann in naher Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Die blaue Farbe könnte herstellungsbedingt sein, da die verwendeten Mineralien unsere Gesundheit nachweislich verbessern und ökologisch gewonnen wurden. Kommt zur Form noch der Geruch von frisch gebackenem Brot hinzu, greifen unsere Sinne auf Bekanntes zurück. Jedoch bilden der Geruch, in Verbindung mit der blauen Farbe und dem Herstellungsprozess des Brotes, vom Gewohnten keine Einheit. Unsere genetischen Anlagen und Erfahrungen könnten innerliche Widerstände generieren, da Erfahrung und innerer Sicherheitsmechanismen im Widerspruch stehen. Sind wir Menschen bereit, für Veränderungen von Nahrungsmitteln mit abweichenden Farben und Herstellungsprozessen?

Wertvolles Selbstverständnis

Die Objektarbeit „Wertvolles Selbstverständnis“ zeigt eine gerahmte Brez´n aus Keramik Ton mit Blattgold umhüllt. Sie soll auf die Wertigkeit eines bayerisch, sinnlich geformten Kulturgutes verweisen. Seit 2014 gilt die bayerische Brez´n in der EU als geschütztes Kulturgut.

Misch-Obst

Lutz Walczok SINNErgie

Zwei monochrome Bilder, in schwarzen Schriftzeichen auf weißen Leinwänden, stellen die Form einer Birne und eines Apfels dar. Die Schriftzeichen beschreiben beim Lesen der Wörter, die Farben des jeweiligen Obstes. Klarfarben werden mit den erforderlichen Mischfarben benannt. Somit kann sich Jeder* beim Lesen, gedanklich die Farben im eigenen Kopf mischen und die Farben der Früchte „sehen“.